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 Mediation scheut keinen Vergleich, sie ist nur anders

22.08.2011 / Mediation im FokusMediation, Schlichtung, Gütetermin, kooperative Verhandeln: Ernst Andreas Kolb, im Vorstand der Deutsche Stiftung Mediation, bringt Licht ins Dunkel des Begriffs-Wirrwarrs und erläutert die Vorteile der Mediation als Weg zur Einigung mit "Win-Win"-Potenzial.

Die Begriffe Schlichtung, Vergleich, Gütetermin, kooperatives Verhandeln, Mediation und Meditation werden häufig in einem Atemzug genannt. Das ist misslich. Zwar ist allen – die Irrung mit der hier zweifellos deplatzierten „Meditation“ einmal ausgenommen – gemein, dass es sich um außergerichtliche Verfahren zur Konfliktlösung handelt. Allerdings sind die verschiedenen Wege, Konflikte ohne gerichtliche Hilfe zu lösen, doch sehr unterschiedlich in ihrer Herangehensweise.

Beim kooperativen Verhandeln gelingt es den Partnern, durch geschicktes Verhandeln sowie ein gesundes Maß an Durchsetzungskraft kombiniert mit der Fähigkeit, faire Kompromisse einzugehen, zu einem für alle Beteiligten guten Ergebnis zu gelangen. Allerdings fehlt es hier am außen stehenden Dritten. Es handelt sich gewissermaßen um eine „geschlossene Veranstaltung“ der direkt Betroffenen.

Von Juristen, insbesondere Richtern, wiederum hört man nicht selten den Satz: „Mediation ist doch nichts anderes als das Herbeiführen eines Vergleichs; das machen wir doch schon seit Jahren.“ Auch das trifft die Sache natürlich nicht auch nur im Ansatz. Sicherlich lässt der Richter im Rahmen einer Güteverhandlung den Rechtsstreit gerne in einem Vergleich enden. Ein Vergleich wird als „gegenseitiges Nachgeben“ definiert. Das meint nichts anderes, als dass jede Partei unter mehr oder weniger großem Druck des Gerichts „Federn lässt“ und man sich im günstigsten Fall auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt. Selten mehr, häufig sogar weniger – und das alles unter dem Druck des prozessualen Kostenrisikos.

Die Justiz möge es nachsehen, aber auch die gerichtsinterne Mediation ist letztlich nichts anderes. Daran ändert es auch nichts, wenn nicht der mit dem Rechtsstreit befasste Richter, sondern ein anderer Richter als Mediator agiert. Richter sind im Regelfall vom Naturell her keine Mediatoren.

Sie leben davon und dafür, über andere zu urteilen, sind also nicht vorurteilsfrei.
Bei einer Schlichtung bzw. in einem Gütetermin wiederum gibt ein Dritter – der Schlichter bzw. der Gütestellenvorsitzende – Lösungswege vor. Er ist häufig sogar befugt, den Fall zu entscheiden. Mit eigenverantwortlicher Konfliktbearbeitung hat das nichts, aber auch rein gar nichts, zu tun. Besonders ärgerlich ist es, wenn selbst in hochwertigen Presseerzeugnissen leichtfertig behauptet wird, Mediation und Schlichtung seien faktisch dasselbe (vgl. die Berichterstattung über „Stuttgart 21“). Der einzige gemeinsame Nenner beider Verfahren ist das Außergerichtliche, mehr aber auch nicht.

Mediation ist – das kann nicht oft genug hervorgehoben werden – dadurch gekennzeichnet, dass der Dritte – der Mediator – neutral und allparteilich ist. Der Mediator hält also zu keinem. Nimmt er seinen Auftrag ernst, wird er die Mediation unverzüglich abbrechen, sobald er – sei es aus Sympathie oder weil auch er nur ein Mensch ist – feststellt, Partei für eine Seite zu ergreifen. Auch gibt der Mediator keine Lösungswege vor, ebenso wenig erteilt er Rat an die Beteiligten. Seine Aufgabe ist es, die Streitparteien – die Medianden – mit bestimmten Techniken anzuleiten und so deren Konflikt in einem mehrstufigen Verfahren abzuarbeiten. Mediation will also gelernt sein. Folglich kann nicht jeder, der außergerichtlich verhandelt, berät, vertritt, schlichtet oder in sonstigen Mischformen sog. ADR-Verfahren (Alternative Dispute Resolution = alternative Streitbeilegungs-methoden) betreibt, Mediator sein, geschweige denn eine „echte“ Mediation durchführen.

Das besondere und faszinierende zugleich an der Mediation ist im Erfolgsfalle, wenn es also nicht zum vorzeitigen Verfahrensabbruch kommt, das Ergebnis. Wir nennen das „Win-Win-Lösung“, will heißen jeder profitiert, keiner lässt wirklich Federn bzw. verliert sein Gesicht.

Bis man dorthin gelangt, ist es ein mehr oder minder langer, oft auch steiniger Weg. Mediation ist kein „Hau-Ruck-Verfahren“, sondern ein sich entwickelnder Prozess, in dem die Denk- bzw. Sichtweise der anderen Seite offenbar wird. Diese spannende Phase einer Mediation nennt man das Herausarbeiten der Interessen und Bedürfnisse. Sie macht auch den wesentlichen Unterschied der Mediation aus. Während nämlich bei anderen Wegen zur Einigung kaum oder kein Raum bleibt, um auf das einzugehen, was den anderen neben dem eigentlichen Streitpunkt überhaupt bewegt, ist es der Mediation geradezu immanent, genau das herauszuarbeiten. Das Resultat ist oft verblüffend. Den Beteiligten wird nicht selten erstmalig bewusst, dass es einen Vorfall, einen bestimmten Auslöser gibt, der überhaupt zu dem Konflikt geführt hat.

Die eigentliche Lösung ist häufig nur noch ein Nebeneffekt. In erster Linie kann ein langjähriger Streit allein dadurch beigelegt werden, dass Verständnis für die andere Seite entwickelt wurde. Im Gegensatz zu anderen ADR-Verfahren wird den Medianden dabei etwas abverlangt, nämlich Eigenverantwortung und Mitarbeit.
Eine Mediation unter Anleitung eines ausgebildeten Mediators ist also gelebte Privatautonomie. Die Medianden sind die Herren des Verfahrens. Das ist eine Verpflichtung, vor allem aber eine besondere und meist befriedigende Herausforderung.

Damit kommt der Mediation eine Alleinstellung zu. Das Erarbeitete führt besonders häufig zu einem – dieser etwas strapazierte Begriff sei hier ruhig bemüht – nachhaltigen Ergebnis. Eine nachhaltige Lösung ist natürlich vorzugswürdig gegenüber einem Vergleich mit fadem Beigeschmack, gegenüber der Zähne knirschenden Akzeptanz eines Schlichterspruchs und natürlich gegenüber einem Urteil, das einem regelrecht vorgesetzt wird.

Das Plädoyer der Deutschen Stiftung Mediation ist daher: Akzeptieren Sie die Mediation als einen guten, wenn nicht gar sehr guten Weg zur Einigung. Nur wo Mediation drauf steht, ist auch Mediation drin. Die Mediation scheut keinen Vergleich mit anderen ADR-Verfahren, sie ist nur ganz anders und damit einmalig.


Der Autor Ernst Andreas Kolb ist Rechtsanwalt in Berlin und Vorstandsmitglied der Deutsche Stiftung Mediation.

 

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